Fachkräftemangel
In der Schweiz bleibt der Mangel an Fachkräften auch 2025 ein prägendes Thema. Der Begriff ist in aller Munde, und es besteht in zahlreichen Branchen nach wie vor erheblicher Bedarf an qualifizierten Fachkräften. Ein Fokus der Unternehmen liegt auf der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität – was gilt es dabei aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten?
Der Arbeitgeberverband SAV stellte unlängst einen Massnahmenplan («Damit uns die Fachkräfte nicht ausgehen», Quelle: Medienmitteilung des SAV vom 24.4.2023, letztmals besucht am: 14. Juli 2025) vor mit dem Ziel, dieser Entwicklung entgegenzuwirken und den Fachkräftebedarf auch in den kommenden Jahren zu sichern. Präsentiert wurden Lösungsansätze mit Blick auf arbeitsrechtliche Strukturen, die Höhe des Rentenalters, Zuwanderungsthemen oder auch steuerliche Anreize und Reformen. Die Kritik seitens des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds SGB liess freilich nicht lange auf sich warten: «Seit einiger Zeit müssen sich Arbeitgeber um ihr Personal bemühen. Das ist gut und überfällig. Sie nennen das Fachkräftemangel.» (Quelle: Stellungnahme des SGB vom 24.4.2023, letztmals besucht am: 14. Juli 2025)
Unabhängig der Diskussion um Bestand und Ursache des Fachkräftemangels zeigt sich, dass sich Unternehmen – gerade durch flexible(re) Arbeits- und Beschäftigungsmodelle – bereits heute damit befassen, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhalten und zu steigern, um im Fachkräftemarkt zu bestehen. Diese Bemühungen sind hinsichtlich der Themen genauso vielschichtig wie die damit verbundenen Herausforderungen und Risiken.
Zeitliche Autonomie bei der Arbeitserledigung
Das Bedürfnis nach Autonomie und zeitlicher Flexibilität bei der Verrichtung der Arbeit nimmt stetig zu. Die Arbeitsgesetzgebung ist stets im Auge zu behalten, insbesondere die Arbeits- und Ruhezeitbestimmungen. Auch wenn für ausgewählte Betriebe im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Wirtschaftsprüfung, Treuhand und Steuerberatung per
1. Juli 2023 Lockerungen eingeführt wurden, sind auch bei zeitlich (äusserst) flexibler Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses die gesetzlich vorgeschriebenen Schutzvorschriften zwingend zu beachten (bspw. die Höchstarbeitszeiten, Vorschriften zur täglichen Ruhezeit oder das Verbot der bewilligungslosen Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszeit).
Einführung und Förderung von Teilzeitarbeit
Ebenfalls immer grösserer Beliebtheit erfährt die Einführung bzw. Gewährleistung von (regelmässiger) Teilzeitarbeit. Das Schweizerische Obligationenrecht kennt keine Sonderregelung für die Teilzeitarbeit, eine Gleichstellung mit Vollzeitangestellten ist die Folge: Zu beachten sind Lohnfortzahlungspflichten (ggf. mit Krankentaggeldversicherung), Vorgaben bei der Festlegung der Feriendauer oder der Anspruch des Arbeitnehmers auf korrekt bemessene Bezahlung der Ferienzeit («Ferienlohn»).
Homeoffice & Hybridarbeit
Flexible Arbeitsformen gehören heute – trotz gelegentlich gegenteiligen Medienberichten über die «Rückbeorderung» von Personal an den Arbeitsplatz – zum gelebten Standard. Eine Vielzahl an Unternehmen ermöglicht es ihren Mitarbeitenden, flexibel zwischen Büro und Telearbeit zu wechseln. In rechtlicher Hinsicht ist eine klare vertragliche und reglementarische Regelung (insb. Arbeitsort und -zeiten, Daten- und Gesundheitsschutz) unerlässlich, zumal die arbeitsgesetzlichen und -rechtlichen Regelungen auch bei der Verrichtung von Heim- bzw. Telearbeit gilt.
In der Praxis hat sich das Homeoffice-Reglement als sinnvolle und verbindliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag etabliert.
Workation
Die Möglichkeit, zeitlich begrenzt im Rahmen einer Workation (Verbindung von «work» und «vacation») von einem anderen Ort aus zu arbeiten, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Gerade bei Einsätzen im Ausland ist Vorsicht geboten und eine sorgfältige, vorgängige Planung erforderlich. So stellen sich nicht zuletzt arbeits- und sozialversicherungsrechtliche sowie steuerliche Fragen. Zentral ist zunächst, von welchem Ort die Telearbeit erfolgen soll. Während innerhalb der EU/EFTA aufgrund der weitgehend harmonisierten Regelungen zur Personenfreizügigkeit Erleichterungen bestehen, gelten bei Drittstaaten strengere Voraussetzungen. Die Praxiserfahrung zeigt zudem: Dem lokalen Recht des ausländischen Staates wird bei der Umsetzung von Workation häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei ist sicherzustellen, dass auch die rechtlichen Vorgaben des betroffenen Staates – etwa in Bezug auf Arbeits- oder Aufenthaltsbewilligungen – eingehalten werden.
Fazit
Eine zukunftsfähige Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses muss den Interessen beider Seiten Rechnung tragen. Flexibilität in der Arbeitsorganisation mag ein erstrebenswertes Anliegen sein – ebenso bedeutsam sind aber die nachvollziehbaren Bedürfnisse der Arbeitgeberseite, gerade mit Blick auf die Einhaltung der Arbeitsgesetzgebung oder die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Möglichkeiten zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität sind vielfältig – genauso wie die damit verbundenen Risiken. Die Erfahrung in der Praxis zeigt: Eine rechtzeitige, sorgfältige Analyse der Ausgangslage sowie eine gemeinsame Definition der Ziele sind entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung.
Was auch immer Sie konkret umsetzen möchten – wir unterstützen Sie gerne!