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Negative Folgen auf die Vorsorge

Teilzeitarbeit ist beliebt, und es gibt viele gute Gründe dafür. Sie hat nicht nur grossen Einfluss auf unsere Arbeitswelt, sondern auch auf unsere Vorsorgesysteme und die finanzielle Absicherung. 

Teilzeitarbeitende, oft Frauen, haben meist ein geringeres Einkommen und damit niedrigere Rentenansprüche. Unternehmen und Mitarbeitende sollten sich der Auswirkungen bewusst sein und gegebenenfalls Massnahmen zur Schliessung der Vorsorgelücken ergreifen.

In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Teilzeiterwerbstätigen stark angestiegen. Aktuell arbeiten rund zwei Drittel der erwerbstätigen Frauen und ein Fünftel der Männer Teilzeit. Die Tendenz ist steigend. Unsere Vorsorgesysteme - allen voran die berufliche Vorsorge (BVG) – ist noch immer auf den Normalfall der Vollzeitbeschäftigung ausgelegt. Bei vielen Sozialversicherungen sind die Höhe des versicherten Einkommens sowie die Dauer der Erwerbstätigkeit entscheidend für die Höhe der ausgerichteten Leistungen. Zudem können Vorsorgeausgleiche bei Scheidungen zu deutlichen tieferen Leistungen führen. Neben der Zinsentwicklung haben auch demografische Entwicklungen und die Lebenserwartung einen grossen Einfluss, so sind deswegen insbesondere die Rentenumwandlungssätze aus der zweiten Säule in den letzten Jahren stark gesunken. Wie hier die weitere Entwicklung sein
wird ist offen - Tendenz weiter sinkend oder maximal gleichbleibend. Teilzeitarbeitende sind daher von massiven Vorsorgelücken betroffen.

Auswirkungen der Teilzeit

Ein reduziertes Einkommen führt bei der ersten Säule zu einem tieferen massgebenden Durchschnittseinkommen, welches für die Höhe der AHV-Rente zentral ist. Um die aktuelle maximale AHV-Altersrente von CHF 2 450 pro Monat zu erhalten, muss während sämtlichen Beitragsjahren durchschnittlich ein Einkommen von CHF 88 200 pro Jahr erzielt werden. Für die meisten Teilzeitangestellten stellt dies eine hohe Hürde dar. Wer Kinder grosszieht oder pflegebedürftige Verwandte unterstützt, kann sich Erziehungs- und Betreuungsgutschriften anrechnen lassen. Aktuell erhöht sich dadurch das massgebende Durchschnittseinkommen pro Jahr der Erziehung oder Betreuung um ca. CHF 1 000.

Bei der zweiten Säule (BVG) lassen vor allem die tieferen Sparbeiträge sowie der Zinseszinseffekt das Altersguthaben weniger stark wachsen. Durch die im BVG bestehende Koordination mit der ersten Säule werden die Teilzeitlöhne im gleichen Ausmass wie die Vollzeitlöhne durch den Koordinationsabzug vermindert und führen somit zu überproportional geringeren Leistungen. Zudem besteht bei der beruflichen Vorsorge eine Eintrittsschwelle von aktuell CHF 22 050. Jahreslöhne darunter werden erst gar nicht versichert. Aus diesem Grund ist besonders Vorsicht geboten, wenn mehrere Teilzeitpensen nebeneinander bestehen und so durch den Raster des BVG fallen. Ausserdem geht oft vergessen, dass auch Invaliden- und Hinterlassenenleistungen (Risikoleistungen) vom versicherten Lohn abhängig sind und im Teilzeitfall tiefer sind.

Es liegt in der Natur der Sache, dass bei tieferen Einkommen auch die Möglichkeit des privaten Sparens deutlich geringer ist und daher Teilzeitangestellte tendenziell tiefere Einzahlungen in die dritte Säule tätigen.

Welche Möglichkeiten bestehen?

Teilzeitarbeitende können insbesondere prüfen, ob sie bei der AHV Beitragslücken aufweisen, was vor allem bei tiefen Arbeitspensen oder bei längeren Auszeiten der Fall ist. Beitragslücken können innerhalb der letzten fünf Jahre nachbezahlt werden. Bei nicht verheirateten Paaren mit Kindern (gemeinsame Sorge) können zudem auf Antrag hin die Erziehungsgutschriften voll dem teilzeitarbeitenden Partner zugewiesen werden. Wenn Arbeitnehmende mehrere Arbeitsverhältnisse aufweisen, kann geprüft werden, ob die verschiedenen Einkommen über eine Pensionskasse versichert werden können oder sich ein Anschluss bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG lohnen würde. Bei genügend Liquidität können Einkäufe in die Pensionskasse (falls Lücken vorhanden) und/oder Einzahlungen in die dritte Säule die Vorsorge ebenfalls verbessern. Solche Einzahlungen können vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden, was attraktiv ist (Renditen von über 6 % pro Jahr möglich). Ein frühes Optimieren lohnt sich, da durch den Zinseszinseffekt die Vorsorgeguthaben deutlich  ansteigen. Um auch im Leistungsfall gut abgesichert zu sein, können Versicherungslücken bei Invalidität und Tod zusätzlich mit einer 3b-Lebensversicherung oder kombiniert mit einer 3a-Lösung geschlossen werden.

Unternehmen können den Koordinationsabzug im Vorsorgeplan an den Beschäftigungsgrad anpassen, was den versicherten Lohn und die Pensionskassenbeiträge erhöht. Dies wiederum führt zu höheren Leistungen, aber auch zu höheren Kosten.

BVG-Reform

Im September 2024 kommt die BVG-Reform zur Abstimmung, welche insbesondere Teilzeitangestellte und Angestellte mit mehreren Arbeitsverhältnissen besserstellen will. Anstelle des fixen Koordinationsabzuges soll ein lohnabhängiger und variabler Koordinationsabzug in der Höhe von 20 % (bis zu einem Jahreslohn von CHF 88 200) eingeführt werden. Im Weiteren soll zudem die Eintrittsschwelle auf CHF 19 845 gesenkt werden. Dadurch können einige negative Folgen der Teilzeitbeschäftigung vermindert werden. Wichtig ist – die Abstimmung betrifft nur den obligatorischen Teil (BVG-Obligatorium).

Fazit

Inwiefern eine Teilzeitbeschäftigung die Vorsorge beeinflusst, hängt insbesondere von der Dauer und dem Ausmass der Reduktion ab. Unternehmen und Mitarbeitende sollten die Auswirkungen kennen, denn Vorsorgelücken lassen sich im Nachhinein nur schwer schliessen.

Autor

  • Philipp Dahinden

    Philipp
    Dahinden

    dipl. Treuhandexperte