
Wichtiges für Patchworkfamilien und Konkubinatspaare im Erbrecht
Patchwork-Familien sind heute keine Seltenheit mehr – aber rechtlich oft eine Herausforderung. Welche Rechte haben Kinder aus früheren Beziehungen? Was passiert im Todesfall mit dem Vermögen? Und was müssen Paare im Konkubinat beachten? Unsere Expertin Heidi Betschart bringt Klarheit in die komplexe Welt des Erbrechts in Patchwork-Konstellationen.
Nachdem unsere Rechtsanwältin Heidi Betschart bereits in der 8. Folge vom finanzklang-Podcast über die Grundlagen im Ehe- und Erbrecht gesprochen hat, geht es in dieser Folge um die Spezialfälle von Patchworkfamilien und Konkubinatspaaren. In der neuen Folge erfahren Sie, was in Patchwork-Konstellationen und bei Konkubinatspaaren rechtlich unbedingt beachtet werden sollte – von Pflichtteilen bis Patientenverfügungen:
Erbrechtlichen Herausforderungen bei Patchworkfamilien
Eine Patchwork-Familie ist eine Familie, die aus Mitgliedern verschiedener Ursprungsfamilien besteht. Meist entsteht sie durch eine Wiederverheiratung oder Partnerschaft, in die Kinder aus vorherigen Beziehungen eingebracht werden. Solche Konstellationen können jedoch rechtliche Herausforderungen mit sich bringen.
Laut Heidi Betschart ist die Grundherausforderung die, dass es keinen Standardfall gibt. Jede Konstellation bringt ihre Eigenheiten mit sich. So können folgende Fragen als Grundlage gestellt werden:
- Ist das neue Paar verheiratet oder nicht?
- Bringen beide Partner aus früheren Beziehungen Kinder mit?
- Gibt es beim neuen Paar zusätzliche gemeinsame Kinder?
Welche Rechte haben Kinder in einer Patchworkfamilie?
Alle Kinder besitzen gegenüber ihren leiblichen Eltern oder Adoptiveltern die gleichen erbrechtlichen Rechte. Dies gilt unabhängig davon, ob ihre Eltern neue Partnerschaften eingehen oder nicht. Zu einem Stiefelternteil (z.B. dem neuen Partner der Mutter) besteht jedoch kein automatisches Erbrecht, es sei denn, das Kind wird adoptiert. Eine Adoption durch den neuen Partner kommt meist nur dann vor, wenn der leibliche Elternteil verstorben ist und das Kind somit keinen zweiten Elternteil mehr hat.
Ohne Adoption hat ein Stiefkind also keine gesetzlichen Erbansprüche gegenüber dem Stiefelternteil. Allerdings kann der Stiefelternteil das Kind per Testament oder Erbvertrag begünstigen. Die Regelung von Erbschaften in Patchworkfamilien ist komplex. Um die Wünsche aller Beteiligten rechtssicher zu berücksichtigen ist eine individuelle Beratung empfehlenswert.
Einhaltung der gesetzlichen Pflichtteile im Erbfall
Seit der Erbrechtsrevision zum 1. Januar 2023 (siehe Artikel) kann man mehr gestalten. Das Erbe wird zu einem halben Anteil an den Ehegatten und zu einem halben Anteil an die eigenen und gemeinsamen Kinder aufgeteilt. Der Pflichtteil beträgt dabei jedoch nur je die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches, so dass man über die Hälfte des Erbes frei verfügen kann. Nachfolgend ein Beispiel aus unserem Ratgeber Erbrecht zum Verständnis:
Weitere erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
- Vor- und Nacherbschaft: Häufig verbreitet in Patchwork-Familien ist die Vor- und Nacherbschaft. Damit wird geregelt, dass beispielsweise beim Versterben des Mannes die neue Frau als Vorerbin eintritt und das ganze Erbe erhält. Erst wenn die neue Frau, die nicht die Mutter der Kinder vom Mann ist, verstirbt, geht das Nacherbe zu seinen Kindern.
- Erbvertrag: In einem Erbvertrag kann als Patchworkfamilie unter Einbezug aller Beteiligten geregelt werden, wer wieviel und was erben soll.
Auf was muss als Konkubinatspaar in Bezug auf das Erbrecht geachtet werden?
Bei einem Konkubinat handelt es sich um eine eheähnliche Lebensgemeinschaft von zwei Personen (hetero- oder homosexuell), die nicht verheiratet sind. Ein Konkubinatspaar hat rechtlich gesehen keinen gesetzlichen Erbanspruch. Ausserdem hat ein Konkubinatspaar kein gegenseitiges Informations- und Auskunftsrecht gegenüber Amts- und Berufsgeheimnisträgern (beispielsweise Ärtze).
Absicherungstipps für Konkubinatspaare
Ein Konkubinatspaar kann sich mit einem Erbvertrag gegenseitig als Erbe einsetzen (siehe freiverfügbare Quote). Im Erbvertrag (oder auch Testament) kann beispielsweise auch ein "Wohnrecht auf den Tod" entrichtet werden. So kann dem überlebenden Partner das Recht auf das Wohnen in der Liegenschaft des verstorbenen Partners für eine gewisse Zeit sichergestellt werden. Wichtig ist hier jedoch, die Pflichtteile von möglichen Kindern nicht zu verletzen.
Ausserdem ist es unabhängig vom Alter wichtig, Vorsorgeregelungen zu treffen, da Unfälle und Krankheiten jederzeit eintreten können. Wichtige Vorsorgethemen sind hierbei:
- Patientenverfügung:
- Wichtig für medizinische Entscheidungen bei Urteilsunfähigkeit.
- Formulare online erhältlich (verschiedene Varianten).
- Ausfüllen, unterschreiben, informieren (z. B. Hausarzt, Angehörige), im Spital mitführen.
- Vollmachten (General- und Bankvollmacht):
- Für finanzielle Handlungsfähigkeit bei Krankheit, Unfall oder Abwesenheit.
- Besonders wichtig bei nicht verheirateten Paaren (z. B. Konkubinat), da Banken keine Auskunft geben.
- Vorsorgeauftrag:
- Regelung für den Fall der Urteilsunfähigkeit (z. B. durch Demenz, Koma).
- Wer übernimmt was (Personensorge, Vermögensverwaltung etc.)?
- Begünstigung in der 2. und 3. Säule:
- Ehepartner sind automatisch begünstigt, Konkubinatspartner nicht.
- Aktives Melden notwendig bei Pensionskasse, Freizügigkeitsstiftung, Lebensversicherung.
- Konkubinatsvertrag:
- Freiwilliger, formloser Vertrag zur Regelung des Zusammenlebens.
- Mögliche Inhalte:
- Eigentumsverhältnisse (Inventarliste)
- Nutzung der Wohnung im Trennungsfall (Eigentum/Miete)
- Kostenverteilung im Haushalt (z. B. nach Einkommen)
- Regelung zu Investitionen in Immobilien
- Kinder und Unterstützungspflichten
Fazit
Egal ob sie im Konkubinat leben oder eine Patchworkfamilie führen: Informieren Sie sich und lassen Sie sich beraten, um auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. Lieber früh regeln, als am Ende nicht handeln zu können. Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihre perfekte Lösung zu finden.
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